NL Rück, I, C-0570g

"Sehr geehrte Herren!

Eine große Überraschung hatte ich vergangene Woche. Von Nürnberg stellte sich ein Hase ein, Herr Haid hat mir ihn in Ihrem Auftrag geschickt. In der schmalen Zeit war das wirklich ein gefundenes Fressen, Ihnen meinen herzlichen Dank.

Gestern kam das Spinett an, aber in einer Kiste welche wohl 3 x so groß und 4 x so schwer als das Spinett ist, so daß ich nicht wußte das Monstrum unter zu bringen Gewicht 1118 k. Mit Ach und Krach habe ich sie natürlich mit fremder Hilfe hochkant in den Keller bekommen.

Das fertige Spinett hatte ich vor, erst nach den Feiertagen zu senden, da Sammelladung nicht mehr geht nur noch Stückgut, die Speicher sollen überfüllt sein und Expreß wird auch nicht angenommen.

Heute habe ich bei Zacharias eine Mill Klaviaturstifte 3 mm, Stegstifte 1,9 u. 2.0 mm und Messingstegstifte 1.7. mm bestellt. Die Laute von Wenger [MIR896] hat ein Markneukirchner Rorarius[?] verrepariert, da kann man sein blaues Wunder sehen. Ich habe all die Papperei entfernen müssen und von neuem Risse leimen und ausspähnen. Die Theorbe hat ein Wiener (Brandstätter) mit Zigarrenkistenholz innerlich verschönert, also dieselbe Kur. Nun zu dem Mandörchen. Das scheint aus der gleichen Fabrik zu stammen wo auch die krumme Poschette geboren wurde. Die Einfaßung der Decke und die Adern zwischen den Schildpattspähnen ist Celluloid und dabei die Jahreszahl 1539. Die ersten 2 Instr. sind echt aber letzteres? An der Laute wird das Griffbrett am Korpus ungefähr 6,2 cm und ist da Platz für 6 Chor und Chantarelle. Die Zeichnung ist von einem kleineren Instrument, das Ornament werde ich verwenden. Der Wirbelkasten v. d. Mand. hat so dicke Wirbel, daß mitunter zwischen den Wirbeln nur noch 2 mm Holz steht und die Saiten unter dem Wirbel auf dem Kastenboden fest klemmen, daß sich die Wirbel kaum noch drehen lassen. So wie ich in allem klar bin bestelle ich bei Zimmermann das entsprechende Material.

Für das Spinett erlaube ich mir 130 M zu berechnen, es war eine riesige Arbeit besonders die Klaviatur, da hatte jemand die Tasten auf den Wagbalken fest geleimt weil keine Führungen und keine Führungsleiste mehr vorhanden waren. Die Tasten waren an Stelle der Führungen alle gespalten, auch [unleserl.] mußte ich ansetzen, daß man überhaupt die Stirnkanten anleimen konnte und bei den meisten Bödchen eingesetzt.

Es tut mir recht Leid, daß Sie immernoch mit Schmerzen geplagt sind, hoffe aber, daß es sich bald bessern möge. Auch mein Knie piekt mich noch immer, heute war ich wieder beim Arzt wie jede Woche.

Mit herzlichen Grüßen // Ihr ergebener // Otto Marx".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1939,12,13
Schreibort
Leipzig