NL Rück, I, C-0570g

"Besten Dank für Ihren werten Brief.

Betreffs meines Knies muß ich Ihnen ganz beispflichten, aber ich muß doch einmal den guten Willen zeigen und habe voraus gesetzt, daß ich es versuchen will. Aufhören kann ich zu jeder Zeit wenn es nicht geht. Es kommen ja doch nur leichte Arbeiten in Frage. Das Spinett will ich Ihnen gern wieder klingend machen. Ein paar Probekiele (Krähe) lege ich bei. Mit der Auswahl der Kiele ist das eine Gefühlssache. An einem Stück schneide ich zum Beispiel von der Spitze an schwache Kiele diese werden dann nach und nach bis zum Ende immer stärker bis zuletzt sogar zu hart. Dann kann ich auch nicht sagen, daß der 4' andere Kiele braucht als der 8'. Das liegt in erster Linie daran weil der 4' sich um eine Oktave verschiebt und der Diskant weicher Kiele erfortert als der Baß. Hierbei hat die Saite einen großen Einfluß. Die Diskantsaite ist kurz mithin bei der Spannung steif, hier weicht die Saite nicht zurück, sondern der Kiel muß nachgeben. Anders die Baßsaite welche, sehr lang und beim Anschlag zurück geht also vom Kiel zurück gedrückt wird. ISt der Kiel ebenfalls weich so rutscht er an der Saite vorbei ohne die zum klingen zu bringen, also muß hier der Kiel hart und wiederstandsfähig sein um die Saite kräftig genug anzureißen. Das Fertigschneiden (intonieren) der Kiele giebt zuletzt auch die Spielart. Dasselbe gilt auch beim Leder. Ich habe z. B. beim Haller Cembalo von einem Stück Leder 2 ganz verschiedene 8' erzielt.

Die Mozartklaviatur gedenke ich doch verwenden zu können, da doch die Höhen stimmen. Nur werden wir die Tasten mit Blei abwiegen müssen, weil wir die Tasten, wegen der vorderen Führungsstifte nicht von unten schwach hobeln können.

Anbei ein Verzeichnis von dem was ich Ihnen am 18. ds [Monats] durch Schneider als Frachtgut nach Nürnberg sande[.]

Die Wiener Speisekarte riecht sehr nach Entfettung, wird aber wohl auch andere Tage geben.

Mit herzlichen Grüßen // Ihr sehr ergebener // Otto Marx

NB. Tuche und Leder v. H. Mendler habe ich wegen mangel an einer passenden Kiste noch hier behalten müssen. Dr. Koch schreibt mir, daß leere Kisten jetzt nicht befördert werden."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1939,10,21
Schreibort
Leipzig
Erwähnte Objekte
Hammerflügel (Nachbau)
Tasteninstrumente
erwähnte Ereignisse
Involviertes Objekt