[Anlage zum Brief Steglich an Rück vom 10. Dezember 1933.]
Lieber Herr Dr. Steglich,
Sie werden wahrscheinlich sehr ungehalten sein darüber, dass ich mein Versprechen, Sie um die Mitte des Oktober wegen unserer Filmaufnahmen zu verständigen, nicht eingehalten habe. Aber ich konnte leider nicht; aus guten, nein schlechten Gründen.
Nach meiner Rückkehr aus Hamburg, am 10. Oktober war es zunächst die grösste Schwierigkeit, den neuen Direktor der staatlichen Instrumentensammlung ausfindig zu machen. Ich sagte Ihnen schon, dass ich die Vorverhandlungen mit Sachs geführt hatte; er wurde am 30. September 'gleichgeschaltet' und nach einigen Wochen durch einen ehemaligen Reichswehroffizier ersetzt. Der trat nach ungefähr vierzehn Tagen wieder ab, und nun rückte nach abermals einer grösseren Zeitspanne Schünemann auf, der wegen allzu starker politischer Vorbelastung solange nicht in Frage gekommen war, nun aber doch noch der am meisten geignete Mann schien, dem man die Sammlung anvertrauen konnte, ohne sich haushoch zu blamieren. Also wäre jetzt die Situation so weit, dass man mit ihm verhandeln könnte, wenn sich nicht herausgestellt hätte, dass die Instrumente hier wohl mitunter sehr schön zu photographieren, aber weniger schön zu spielen sind. Sie und Herr Dr. Rück befürchteten ja bereits in Nürnberg etwas ähnliches. An Tonschönheit bleiben sie jedenfalls weit hinter den Instrumenten der Rückschen Sammlung zurück. Also mussten wir die Synchron-Aufnahmen nun doch in Nürnberg machen, aber sämtliche fahrbaren Apparaturen sind auf Wochen hinaus bei Aussenaufnahmen. Ausserdem würden die Kosten viel zu hoch werden, wenn man die kombinierte Bild- und Tonapparatur nach Nürnberg schaffen würde, zumal die Räume dort doch nicht ausreichend, und auch nicht frei von Störgeräuschen sind. Die Stromzuführung wäre auch nicht für den Betrieb der Scheinwerfer geeignet. - Zum Überfluss (oder soll man sagen Gottseidank!-?) ist in der vorigen Woche nun noch mein Verleiher den üblichen Weg der Filmindustriellen gegangen; dagegen ist die Tatsache, dass mein Kameramann seit einigen Wochen die endgültige Hochzeitsreise angetreten hat, noch das kleinere Übel.
Um mich, und damit alle meine Mitarbeiter, derartigen Zufälligkeiten nicht mehr auszusetzen, habe ich vor ein paar Tagen die Verhandlungen mit der UFA aufgenommen, um in ihrem Auftrag den Film zu drehen. Fällt das Ergebnis günstig aus, so können wir erstens Honorare ausmachen, und zweitens, uns bei der Arbeit Zeit lassen. Wie es dann mit den Instrumenten aus der Sammlung Rück werden wird, weiss ich jetzt noch nicht. Ob Herr Dr. Rück zugeben würde, dass die Instrumente in einem Möbelwagen verpackt, und dieser dann per Bahn nach Berlin gehen könnte? - An Weihnachten möchte ich jedenfalls einmal mit ihm darüber sprechen.
Unberechenbar ist eben leider alles, was irgendwie mit dem Film in Berührung steht. Und mehr Skepsis ist notwendig, als Optimisus. Aber wohl oder übel muss man nun bei der Stange bleiben, denn sonst gibt es für uns doch nichts, wovon wir einigermassen leben könnten."