NL Rück, I, C-0570o

"Sehr geehrter Herr Haid!

Gestern war ich bei H. Krause und hab mal Ihre Post durchgesehen. Da muß ich Ihnen von Herzen danken welche Mühe Sie sich meinerhalben gemacht haben. Ich habe gestern einen Auslandspaß beantragt den ich am 26.6. bekommen soll. Also wenn alles klappt könnte ich am Ende des Mon. fliegen, es wird auch die Höchste Zeit denn das Leben kostet Geld und bin schon über 14 Tage hier.

Nun habe ich noch eine große Sorge um Ihre Instrumente, denn meine Frau wird die Wohnung kaum halten können. Julius hat strikte abgelehnt, vielleicht wenden Sie sich einmal an Mannborg? Es sind 6 Spinette und das Klavier für das Organum, und noch 3 leere größere Kisten. Wenn er es möglich machen könnte dann möglichst bald.

Sie können sich wohl denken in welcher Aufregung ich lebe, habe von all meinen Sachen mich trennen müssen.

Von meiner Frau weiß ich bis jetzt noch nichts und bin gespannt wie sich das noch klären soll.

Mein Sohn [Kurt Marx] schickte mir von Bad Tölz eine 'Erlaubnis zum vorübergehenden Aufenthalt' aber nur in Verbindung mit Interzonenpaß, das nutzte mir auch nichts.

Eine Bescheinigung als polit. Flüchtling ist sehr schwer zu bekommen da werden Zeugen und alles mögliche und unmögliche verlangt. Auch H. Kr. [Otto Krause] sagt, das sei augeschlossen einen solchen zu erlangen.

Hoffentlich ist es uns vergönnt, daß wir uns über alles noch persönlich austauschen können.

Hoffe Sie und Ihre Familie wohlauf und bleibe mit herzlichen Grüßen // Ihr alter Marx

meine Adresse: // Berlin W 35 Pohlstr. 77 // Pension Behrends".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Empfänger Institution
Datum
1952,06,12
Schreibort
Berlin