NL Rück, I, C-0873i

"Lieber Herr Professor!

Darf ich freundlich daran erinnern, daß ich bei Frl. Kübler noch ein Notenguthaben besitze, das ich gerne abgerechnet haben möchte, um ins Reine zu kommen. Wenn es Ihnen möglich wäre, dies zu vermitteln, wäre ich Ihnen sehr dankbar und bitte Sie hiermit darum. Sonst wenig neues, die Gewichtszunahme geht langsam vorwärts, jetzt 65 kg. Recht leistungsfähig bin ich noch nicht, doch gehe ich jeden Vor- und Nachmittag aus und arbeite auch schon etwas im Geschäft. Ich bin jetzt hier schlecht zu treffen, sicher nur gegen rechtzeitige Voranmeldung. Marx erklärt sich bereit, das Maendler Cembalo zu beledern, d.h. die Springer, Das Einschneiden der Leder müßte dann Maendler machen: alles eine riesen Schererei.

Baugesuch noch nicht genehmigt. Die Militärregierung will jetzt den ungefähren Wert, der nach Osterreich verlagerten Sammlungsteile wissen, was mir wieder einen Haufen Arbeit macht. Schrieb sich eigentlich der junge Funk aus Neustadt bei Ihnen ein? Breitkopf & Härtel antworteten bisher nicht, was bei der höchstlangweiligen Post nach Leipzig nicht verwunderlich ist. Über die Leipziger Sammlung bekam ich einen erschütternden Bericht, mir dünkt, daß mindestens ein Drittel, davon wahrscheinlich die meisten Streichinstrumente, verloren ist, wenn nicht die Hälfte. Auch die Berliner Sammlung scheint Einbußen erlitten zu haben. Von Österreich ohne jegliche Nachricht. So weiß ich um das Schicksal Sieghartstein bisher nichts. Ich will in diesen Tagen zu Troche, da Haid in Klosterzell b./Hilpoltstein nächst Roth einen 40 qm großen Raum für die Sammlung bekäme, wo sie dann wahrscheinlich wenigstens für meine Lebzeiten bis auf weiteres begraben bliebe. Also keine sehr rosigen Aussichten für einen Wiederaufbau und Verlebendigung, an der wir beide so viel Anteil hatten! Das eine der beiden neugebauten Marx'schen Spinette liegt noch in der Kiste, Jahnstr. 27 Keller, da ich keinen Platz habe: das nennt man Kulturaufbau im neuen Deutschland. Und da soll man noch Lust zum Aufbau haben, wenn man nicht einmal 2 qm Raum für ein paar Spinette frei bekommen kann. Dazu haben die Amerikaner noch zirka 15 Mietklaviere von mir, 'sagen wir einmal beschlagnahmt', für die ich keine Miete bekomme und bisher keinen Requisitionsschein. Auch das trägt nicht dazu bei, die Aufbauenergie zu fördern.

Haben Sie sich schon überlegt, ob die Möglichkeit besteht, für das Mozart-Clavichord [MIR1070] eine monatliche Miete bekommen zu können? Leider bin ich auf so etwas ein wenig angewiesen, aus den Verhältnissen heraus. Ist übrigens Ihr geplanter Clavichordabend verwirklicht worden?

Fanni Henselt bekam eine gute Kritik für ihr Cembalospiel in Nürnberg und so nehme ich an, daß vielleicht ihre Begeisterung fürs Clavichord abgekühlt ist.

Kreutz wurde Professor an der Hochschule Stuttgart und Rubasch bekam dort einen Lehrauftrag.

Haid fängt dieser Tage mit dem Aufräumen des Hauses Tristanstr., Frau Traut und Frau Haid gehörig, an, und wird sich deshalb in den nächsten Monaten weniger dem Geschäfte widmen können. Aber ich werde trotzdem langsam tun, und meiner Gesundung den absoluten Vortritt lassen.

In Schweigelberg soweit alles wohl, mß ich nochmals nach Pottenstein Volsbach, da ich erstmals infolge Autodefekt nicht nach Volsbach kam. Ich erwarte dort auch keine erfreulichen Ereignisse. Überdies fehlen von meinem Speisezimmer die beiden Tische, Dank der 'bewährten Fürsorge' des Herrn Habers. Wann wird diesen Ehrenmann einmal das Geschick erreichen?

Förster, Löbau von den Russen enteignet, ebensoviele Betriebe in Zella-Mehlis. Ich sehe für die Zukunft der Klavierindustrie jetzt bald genau so schwarz wie Haid! Steinway hat von den englischen Bundesgenossen noch nicht einmal das Permit zum Wiederaufbau.

Mit Herzlichen Grüßen //Ihr // Dr. Rück

 

Als erste Antwort aus Österreich kam ein äußerst warmgehaltener Brief von Heidl, den ich Ihnen in Abschrift beilege. Der ganze Komplex Mozarteum erfordert meines Erachtens nunmehr doch eine Rücksprache zwischen uns, wozu wir uns in Nürnberg oder Erlangen treffen müßten. Ich erwarte gern Ihre Anregungen.

Antwort Breitkopf und Härtel soeben ei[n]gegangen. Leider enthält sie keinen Ton über meine Bitte nach den angefragten und durch Sie befürworteten Bücher- und Notenlieferungen. Ob da noch etwas kommt? Wenn nicht, muß ich Sie nochmals bemühen. Naubert Langensalza: Brief wird Sie bezl. Dr. Koch interessieren. Er deckt sich mit meiner Beurteilung des guten Dr. Koch doch zie[m]lich genau und mit jener durch Marx! Briefe gelegt. frdl. zurüc[k] erbeten."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1946,05,15
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
erwähnt als
Bekielung
Tasteninstrumente
Bundfreies Klavichord
Tasteninstrumente
erwähnt als
Vermietung
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Erbauer(in) Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Gutachter(in) Marktwert
Gebäude
Auslagerung
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
Kriegsfolgen
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
Depot
erwähnt im Zusammenhang
Vermietung
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
Depot
erwähnt im Zusammenhang
Kriegsfolgen
erwähnt im Zusammenhang
Wiederaufbau