NL Rück, I, C-0873f

"Lieber Herr Professor!

Vor allem vielen Dank für Ihren l. Mitternachtsbrief. Haid berichtete mir begeistert, wie schön die Serenade gewesen sei und wie schön Sie das Cembalo gemeistert hätten. Ich hoffe, dass es auch für Sie ein guter Erfolg gewesen ist. Die Kritiken sind ja durchwegs sehr gut, und so freute ich und mein Bruder uns herzlich, dass das Semester für Sie einen solch harmonischen Ausklang hatte. Nun sind Sie also nicht allzuweit von Liegnitz weg: wollen Sie nicht Direktor Dütz dort anrufen (Tel. Geschäft 2046, privat 1-halb3. abends nach 7 Nr. ebenfalls 2046, sehen Sie lieber nochmals nach), vielleicht kann er Sie zu einem Fabriksbesuch in Liegnitz mit dem Auto holen. Schadt einem Professor auch nicht, wenn er eine Klavierfabrik sieht, wie man darin im Schweiss seines Angesichts sein Brot verdient. Abgesehen vom Spass: wäre für Sie sicher von Interesse, und Direktor Dütz würde sich sehr freuen, wenn Sie, und eventuelle andere Interessenten, die Fabrik besuchen würden. Also: Glückauf!

Haas schreibt mir soeben, dass das Instrument [Wien, Inv.-Nr. SAM 762] jetzt im Kunsthistorischen Museum untergebracht sei, und wir uns an Dr. Klapsia und. Dr. V. Luithlen wenden müssten, letzterer ist im Juli in Urlaub. Soll nunmehr ich an Klapsia schreiben? Oder Sie? Oder ich an Kinderspacher, damit er vermittelt was raten Sie? Den Brief von Frl. Dr. Krauss vom 13. Juni anbei zurück, Sie erbaten ihn, um dafür zu danken, und ich bitte Sie, in mir nach Ausgebrauch frdl. zurücksenden zu wollen wegen der techn. Angaben. Auf jeden Fall müssen wir das Gestell durch einen technischen Zeichner in Wien aufnehmen lassen. Da ich nun nicht weiss, was Sie an Haas schrieben - Zweck der Aufnahme? - bitte ich um Direktiven, falls ich schreiben soll, damit ich in gleichem Sinne wie Sie schreibe. Damit ka an Palla wa tsch gibt, wie die Wiener sagen.

Für die Sendung 'Musikal. Spaziergänge..' eruierte mein Bruder nach langen Bemühungen in Salzburg drei Spieler, die folgende Instrumente spielen: Hackbrett. Holzxylophon, Gitarre, Zither, Ziehharmonika, Bass, Geige. Maultrommel, (diese für ein Duett mit Ihnen), Blockflöte. In Alt-Aussee wären Spieler für die 6lochige Schwegelpfeife und Maultrommler. Die Salzburger wollen aber die Schwegelpfeife inzwischen auch lernen, gelingts, hätten wir nur mit 3 Leuten zu tun. Nun käme die Hauptsache: die Noten. Die 3 Salzburger möchten sich einspielen, dazu brauchen sie 1. unsere Instrumente und 2. die Noten. Für Schwegelpfeifen sind im Verlage Eichendorffhaus, Wien I, Stadiongasse einige Hefte erschienen. Man spielt
diese Pfeifen meist zu Dritt oder Viert. Vielleicht können Sie oben in Frankfurt a.O. im Musikheim, geeignetes Material finden. Darum schreibe ich Ihnen heute schon. Für Hackbrett und für Hölzernes Glachter schrieb uns Peyer/Salzburg 2 Seiten Melodien auf, die sein Repertoire sind, und die er mit Tobi Reiser und Sohn spielt, welche ihn mit Bassgeige und mit Violine begleiten, wenn er Hackbrett spielt. Für Xylophon begleiten sie mit Gitarre und Streichbass. Auch Hackbrett begleiten sie mit Bass und Geige. Wir hörten im Virgental zu Hackbrett Gitarre und - müsste die Fotos nachsehen - Geige oder Harmonika.

Die Notenskizzen anbei mit der Bitte, sie gut zu verwahren. Die Kärtnerische Flatschen spielen am besten Sie selbst: ich werde mir dieses Instrument - eine Brikenrinde - im Lavanttale vorspielen lassen, um zu hören, wies tut, um Ihnen berichten zu können.

Der Text zur Sendung wird in der guten Dresdener Luft sicher - nicht gedeihen, aber vielleicht auf der Bahnfahrt ist Gelegenheit zu geruhsamem Nachdenken. Dies tut uns beiden so not: das habe ich jetzt in den 3 Wochen hier erlebt. Endlich kommt man zum besinnlichen Nachdenken über so viele Fragen, die einen immer nachgehen. Da muss man einige Wochen sich selber gehören. Ich habe in den 3 Wochen viel über museale Fragen nachgedacht und manche neue Anregung gefunden doch darüber mündlich.

N. berichtet über seine Ausstellung kurz in der Freitagsausgabe der NN aus Nürnberg sein 'Konservator' hat die Ausstellung 'ausgerichtete' und seit neuesten liest man, dass sein Museum 'die ältesten Instrumente' hat. Gut so, sagte in solchen Fällen unser alter Dörner Fritz in Stuttgart.

Ich will ab Oktober unter Devise 'Das Kunstwerk des Monats' ein besonders schönes Instrument ausstellen (von anderen umrahmt). Bitte überlegen Sie sich dazu einen Text. Für die nächsten Monate dachte ich an Automatenspinett [MIR1223], siamesische Zither, Elfenbeinlaute.

Jetzt kommt noch der Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs bei den Exoten: also, Sie wünschten eine andere Fassung. Bitte schreiben Sie diese selbst am Besten an die RMK. Schliesslich aber ohne den Neandertaler mit dem Kuhhorn, indem ich untertänigst etwas bezweifle, ob die Neandertaler schon diese für Schlagobers so überaus nützlichen Viecher züchteten. Wie wäre es so:

Ausgewählte aussereurop. Instr.sollen - nach den heuteigen instrumenten-kundl. Forschungen - so manche Ahnen (statt die) unseres europäischen Instrumentariums versinnbildlichen.

Ich wollte nämlich mit der [?]linschaltung - und den heutigen instrumentenkundl. Forschung.! - schon andeuten, dass natrl. nicht alle unsere Instr. aus dem gelobten Lande Davids kamen. Es war nicht deutlich genug. Wenn Sie eine besser Fassung wissen, noch lieber. Adresse: RMK Berlin SW11 Bernhutherstr. 19, Aktenzeichen P III/Dr. Brand /D. Mein Brief vom 8.7.39 als Antwort auf deren Anfrage vom 3.7.39.

Bitte grüssen Sie alle Bekannten, Herrn Götsch oder [?]ährlich, den Mann [Otto Neumerkel] mit meiner Gambe (ich habe bald eine für ihn in Aussicht, eine Gambe natrl.) und besonders Ihnen viele herzlichen Grüsse, namens des fratello, der ab Sonntag hier einpassiert. Mir gehts besser, das Ausruhen war höchste Zeit, im Knie wurde Ardritis deformans konstatiert (daher oft die Schmerzen beim Gehen), die jetzt mit Roentgenstrahlen behandelt werden. Ab 31. Juli präzis bin ich in Nürnberg bis etwa 26. August. Dann hoffe ich nochmals weiter zu können, zuerst wieder hierher, da die Bestrahlerei dann fertig gemacht wird. Bis 30ten bin ich hier.
Indessen herzlichst wie immer // Ihr".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1939,07,21
Schreibort
Bad Gastein
Erwähnte Objekte
Cembalo zweimanualig
Tasteninstrumente
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Standort Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Rundfunksender
erwähnt im Zusammenhang
Neuaufstellung
Berichterstattung
erwähnt im Zusammenhang
Berichterstattung