NL Rück, I, C-0873f

"Lieber Herr Dr. Rück,

indem ich soeben den Brief an Haas nach Wien schrieb wegen des Tschudi-Gestells usw. usw., ist es zwar schon Mitternacht geworden. Aber ich will Ihnen doch lieber gleich noch ein paar Zeilen schreiben, denn ich weiß nicht, ob ich sonst so bald dazu käme. Es drängt sich in diese letzte Semesterwoche unverhofft viel zusammen, dazu die Serenade in Lauf am Samstagabend - o Gott, da soll ich für Herrn Esche, d. In. für die Laufer Zeitung noch einen Akündigungsartikel schreiben! Zur Vorbereitung auf Frankfurt komme ich überhaupt nicht, obwohl das vor einem solchen 14 tägigen Kursus eigentlich nötig wäre. Ob ich vor meiner Abreise noch in die Neupert-Ausstellung komme, ist infolgedessen fraglich. Ich hatte vor, am Mittwoch nachmittag im Anschluß an eine Orgelbesichtigung in der Sebalduskirche mit dem Seminar vielleicht einen Sprung hinzugehen. Da ist aber plötzlich eine wichtige Fakultäts-Sitzung für Mittwoch nachmittag angesagt. So geht's!

Meine Adresse ist ab 17: Frankfurt/O. Musikheim Gnesenerstr- Vorsichtshalber habe ich Haas geschrieben, Ihnen direkt seine Antwort zukommen zu lassen, denn ich fürchte, ich komme in den allerletzten Tagen hier und in Frankfurt schwer dazu, sie weiterzugeben, wenn sie erst über mich geht.

Was Frl Dr. Kraus betrifft, so habe ich ihr wie ich glaube noch gar nicht für Ihre letzte Auskunft gedankt, weil ich ihren Brief gleich an Sie für Herrn Maendler weitergegeben habe. Das ist mir nun etwas peinlich, wenn ich mich wieder an sie wenden soll. Vielleicht kann mir Maendler jenen Brief gelegentlich nach Frankfurt schicken, daß ich anstandshalber danken kann, und wenn bis dahin die Sache nicht durch Haas schon geklärt ist, kann ich dann noch die neuen Bitten hinzufügen. Ich hoffe freilich, daß Haas die Sache alleine fertig bringt.

Was die Ausführungen für die Reichsmusikkammer betrifft, so hätte ich höchstens das von den 'Ahnen unseres europäischen Instrumentariums' etwas anders gefaßt. Das klingt nämlich so, als hätten wir Europäer alles aus Asien und Afrika bezogen, und das stimmt natürlich nicht, wenn auch die Nichtarier wie Sachs alle unsere Instrumente auf asiatische zurückgeführt haben, aus begreiflichen Ursachen. Der Neandertaler hat schließlich auch selber schon herausgefunden, daß man auf einem alten Kuhhorn blasen kann oder auf einem Weidenrohr, ohne daß er irgendwelchen Samen Abrahams erst fragen mußte. Aber freilich ist uns von ihm kein Instrument mehr erhalten. Da finden wir denn seine afrikanischen uws. Verwandten aus dem 20. Jahrhundert in Ihren schönen Vitrinen. Na, so schön kann man das in einer Veröffentlichung der Reichsmusikkammer natürlich nicht sagen. Oder vielmerh: man müßte es noch viel schöner sagen, als ich das jetzt kann, wo ich scheußlich müde bin und auch gleich abhauen werde. Sie sehen, die Schreibmaschine will auch nicht mehr recht, jetzt nach Mitternacht.

Also entschuldigen Sie die Schmiererei, erholen Sie sich gut und seien Sie bis zum nächsten Schrieb herzlich gegrüßt // von Ihrem // [handschriftl.] RudolfSteglich."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1939,07,11
Schreibort
Erlangen
Erwähnte Objekte
Cembalo zweimanualig
Tasteninstrumente
erwähnt als
Vorlage(n) Nachbau
Nachbau Einzelteil(e)
erwähnte Institutionen