NL Rück, I, C-0873f

"Liebe Herren Rück,

Sie sollten eigentlich schon viel eher wieder einen Brief haben. Nun ist aber über dem Trubel der letzten Semesterwochen doch schon das Fest in größte Nähe gerückt. Da wird es allerhöchste Zeit, zu schreiben. Hoffentlich sind Sie, l. Herr Doktor, nun wieder so weit auf der Höhe, daß Sie und überhaupt Sie beide doch gute Feiertage verleben können. Wenn nur auch die Schmerzen verschwunden sind, das ist zunächst die Hauptsache, dann kommt die übrige Erholung schon von selbst hinterdrein. Wie mir Herr Prof. Hauck sagte, hat er sowohl auf Ihren ausführlichen Brief als auf die Mitteilungen, die ich ihm nach Ihrem letzten Brief an mich machte, brieflich geantwortet. Hoffentlich hat das Verfahren der Wiener Ärzte gut angeschlagen und die Ausheilung schnell zuwege gebraucht. Sie werden sich dann aus dem in puncto Lebensmitteln offen bar beträchtlich hinter dem bayerisch-fränkischen Paradies zurückstehenden Wien hoffentlich bald in bessere Gefilde retten können. Etwa unter der Obhut des Fräulein Luise würden Sie gewiß wieder bald auf die altgewohnte Höhe kommen, vorausgesetzt, daß auf geraume Zeit die Türe zwischen Ihren Wohnräumen und dem Büro gründlich verrammelt werden könnte unter gleichzeitiger Beseitigung des Telefons in Ihren Zimmern.

Hier hat sich in letzter Zeit die Wiedereinräumung des Seminars im Kollegienhaus vollzogen. Dadurch ist auch das für die Seminartätigkeit im Geologischen Institut geliehene Pianino wieder überflüssig geworden. Der Hallische Stadtschulrat Dr. Grahmann teilte mir mit, daß der erste Akt der von mir für Halle eingerichteten Händeloper gefallen habe, sodaß nun bis 15. Februar der 2. Akt fällig wird. Also geht diese Arbeit weiter, wogegen ich wegen der nicht unanständigen Honorierung nichts einzuwenden habe. Jetzt kam nun auch noch die Hindenburghochschule, d.h. Herr Bürgermeister Dr. Eickemeyer mit dem Antrag, im kommenden Trimester, das am 8. Januar beginnt, eine öffentliche Abendvorlesung zu halten. Das tue ich natürlich sehr gerne. So werde ich also im nächsten Jahr die Mittwochabende auf der Findelstraße große Reden halten von 8 - 1/2 10 Uhr abends. Ich verspreche mir davon noch mehr als dazumal von der Konservatoriumstätigkeit. Vielleicht läßt sich in einem der kommenden Trimester, am besten wohl im Sommer (April - Juli) einmal eine instrumentenkundliche Vorlesung halten mit Demonstrationen in der Sammlung.

Herr Dr. Neumerkel schrieb mir neulich, bevor sich sein Truppenteil auf den Weg in die Bunker machte. Er schrieb unter anderm davon, daß er von der Gambe, die Sie ihm seinerzeit an geboten hatten, gar nichts mehr gehört hätte, worauf ich ihm antwortete, daß Sie auch lange nichts von Ihrer bei ihm befindlichen Gambe gehört hätten. Ich denke, er wird Ihnen nun selber einmal schreiben. Eigentlich könnte seine Frau, die ja noch in Frankfurt
an der Oder ist, Ihre Gamble jetzt wieder zurückschicken, (die Gambe, sie ist freilich dort in Frankfurt wohl auch gut aufgehoben, Frau Britta bewahrt sie gewiß wie ihren Augapfel.

Die beiden Briefpapierkassetten für die jungen Siegels habe ich vor einigen Tagen in der Tafelfeldstraße abgeliefert.

Mir graut es etwas vor den vielen Feiertagen. Aber es g[ib]t ja mehr als genug Arbeit.

Entschuldigen Sie die Schmiererei, aber es ist schon spät oder vielmehr sehr früh am Tage.

Nochmals: alle guten Wünsche zum Fest für Sie beide!

Mit herzlichen Grüßen // Ihr // [handschriftl.] RudolfSteglich."