"Lieber Herr Professor Steglich!
Ihren l. Brief dankend erhalten möchte ich heute vorallem bei Ihnen rückgreifen auf meine Bitte betr. Orel: haben Sie Zeit gefunden, bei ihm wegen des geplanten Cembalokaufes der Staatsakademie zugunsten unseres Freundes Maendler zu intervenieren, und hat er geantwortet? Mir und M. liegt diese Sache sehr am Herzen, weshalb Sie meine nochmalige heutige Rückfrage freundlich entschuldigen wollen. Auch aus dem Mozarteum höre ich gar nichts mehr und weiss immer noch nicht, ob wir und Maendler nunmehr an die Zeichnungen für die Copie herangehen können? Maendler ist leider gesundheitlich nicht so ganz fest, und so werden Sie verstehen, dass mir an einem baldigen Entscheide liegt.
Uebrigens: wenn Salzburg etwa eine andere Stellung einnehmen sollte, haben wir ja immer noch unsere eigenen Walterflügel [MIR1098], und - Sie werden staunen! - inzwischen in Italien einen echten Jean André Stein [MIR1097] dazu erwerben können. Man wird darüber natürlich noch stillschweigen, bis er restauriert ist. Im derzeitigen Zustande ist er äusserst aufschlussreich für uns. Dazu konnten wir erwerben - bitte ebenfalls vertraulich nur für Sie - ein echtes Clavicytherium mit 2 mal Achtfuss, einmal 4 Fuss, der eine Achtfuss an 2 verschd. Stellen spielbar, und Laute, zusammen also mit 5 Registern [MIR1080]. Unzweifelhaft deutsch oder holländisch. Dazu ein niedliches Spinettino und eine der sehr seltenen chromat. Harfen [MIR956]. Da wir die Zahlungs- und Einfuhrgenehmigungen erst einholen müssen, liegt uns natürlich daran, dass vorerst alles verschwiegen bleibt.
Nun: und was macht die Reportage? Ich wäre glücklich, wenn sie bald das Licht der Welt erblicken dürfte, denn länger kann ich Esche nicht mehr hinhalten, ich muss mich mit ihm in Verbindung setzen, sobald ich zurück bin.
Meine Rückkehr verzögerte sich: Haids Reise mit Gauch klappte nicht, da Gauch nach Konstantinopel dienstlich musste. Ich will gegen Ende der kommenden Woche zurückkehren. Ich erwarb einen ganz pfundigen Rachen- und Kehlkopfkatarrh - den üblichen April katarrh - und bin in ärztlicher Behandlung. Sowie er vorüber ist, reise ich ab, da Herr Haid auch das dringende Bedürfnis hat, in seine Jagdgründe erholungshalber auf 8 bis 10 Tage zu gehen und darnach muss alles liegen bleiben und wir müssen uns dann nur der Bilanz widmen. Ein saurer Apfel, aber es geht eben einmal nicht anders.
Dr. Richter ist wohl noch nicht 'Flügel'-reif? Bitte ja nicht aus dem Auge zu lassen!
Wir besprachen noch vor meiner Abreise einige Bilder für unsere Diapos[iti]vsammlung, die Sie liebenswürdigerweise über Schünemann anfordern wollten? Darf ich daran erinnern? Das Diapositiv fürs Monochord ist gemacht worden, das Buch 'Schulmusik' [Schünemann 1928] liegt in Nbg auf meinem Bücherschrank, falls Sie es gebrauchten. Dazu das Musikhandbuch [Haas 1931a], das ich gerne noch weiter hätte.
Den Plauener Fascikel werden Sie wohl aus Venedig erhalten haben, da er eingeschrieben abging.
Noch etwas lange Rückständiges: Sie wollten von dem Polnischen Kollegen die Nummern der Dudelsack-Schallplatten ermitteln. Dützens Schwester würde sie uns gerne dedizieren, wenn wir nur erst einmal die Nummern und den Verlag wüssten.
Wäre noch zu erwähnen, dass wir inzwischen auch die Glasharmonika durch Freund Duneitz erwerben konnten, somit ist das Museum wesentlich weiter komplettiert worden. Wenn wir zurück kommen, müssen wirs entsprechend weiter ausschlachten!
Duneitz ist leider im Spital an einer Mundbodenphlegmone erkrankt und muss vielleicht operiert werden. Er tut mir aufrichtig leid, der arme Kerl. Aus diesem und noch anderen Gründen kann er natürlich derzeit nicht mehr bei Wunderer nachfassen, und auch darum liegt mir sovieles an der Verbindung mit Orel.
Damit schliesse ich: sie werden sagen mit einem Seufzer der Erleichterung - Gottlob! -!
Briefe hierher erreichen mich noch bis gegen 2te Hälfte kommender Woche. Inzwischen allerherzlichste Grüsse Ihnen und Familie // von Ihren getreuen // Brüdern".