NL Rück, I, C-0482a

"Sehr verehrter Herr Doktor,

meinen herzlichen Dank für Ihren liebenswürdigen Brief und die zugesandte Photographie.
Das Silbermann-Clavichord, von dem ich sprach, beschrieb mir Herr Carl Bittner, Berlin 15, Knesebeckstr. 48/49. Nach seinen Worten sollte der Domorganist Lütge (ich habe Lüder verstanden) letzten Sommer 3 Clavichorde zum Verkauf angeboten haben, darunter auch das Silbermann’sche zum Preis von 500 Mk. Auch ein Instrument von [Johann?] Fritz sollte darunter sein (vielleicht ist es dasselbe, das Liepmannssohn zum Verkauf anbietet). Herr Bittner hat mir die Instrumente genau beschrieben, erwähnte z.B., dass bei einem derselben merkwürdigerweise die Waagbalkenstifte der Ober- und der Untertasten auf einer Linie liegen würden usw., sodass ich unbedingt glauben muss, er habe diese Instrumente selbst gesehen.
Was das Clavichord in Basel anbelangt, von dem Sie mir schreiben, so scheint mir dieses Instrument von zweifelhaftem Wert zu sein.

Seinem Umfang von 5 1/2 Oktaven und den auf dem Korpus befindlichen Ornamenten im griechischen Stil nach, muss es zweifellos am Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut sein. Solche Instrumente liebe ich nicht: sie haben alle eine viel zu grosse Saitenspannung und sind im Klang hart und drahtig [Unterstreichung und seitlich „? // R.“ von U. Rück]. Ich will vorerst noch abwarten, wie das Instrument ausfällt, das ich bei Merzdorf in Markneukirchen bestellt habe. Wenn es mir nicht gefällt, so werde ich mich nach einem andern umsehen; dabei könnte ich auch auf das Basler Clavichord zurückkommen. Leider konnte ich den Namen seines Besitzers nicht entziffern, wäre Ihnen also sehr dankbar, wenn Sie mir ihn noch mitteilen wollten.
Was den Herrn Siani in Budapest anbelangt, so ist das, was er auf dem Clavichord macht, ein ausgesprochener Kitsch. Er brachte es z.B. fertig (in ein seidenes Rokokokostüm gekleidet) auf dem Clavichord das A-dur Konzert von Mozart zu spielen! Auf ihn spielt auch E. Bodky in folgenden Zeilen seines Buches ‚Der Vortrag alter Klaviermusik‘ [Bodky 1932] an: ‚..Wer für das Klavichord jedoch in Oeffentlichkeit eintreten will, möge sich besonders der grossen Verantwortung bewusst sein, welche gerade die ersten Spieler dieses Instruments zu tragen haben, damit der Sinn des Clavichords der Allgemeinheit in rechter Weise klar gemacht wird. Musste man doch kürzlich in Berlin die Groteske erleben, dass ein Künstler für das Clavichord zu werbe[n] suchte, indem er ein Programm spielte, das auch nicht ein einziges wirkliches Clavichordstück enthielt, dafür aber die grosse g-moll (engl.) Suite von Bach, oder ‚la poule‘ von Rameau darauf zum Klingen zu bringen gedachte!‘

Mit herzlichen Grüssen // bin ich Ihr sehr ergebener // [handschriftlich] A. Kreutz".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1935,03,18
Schreibort
Stuttgart
Erwähnte Objekte
Bundfreies Klavichord
Tasteninstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Klavichord
Tasteninstrumente
erwähnt als
Foto(s)
Detailinformation(en)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Angebot Musikinstrument(e)
erwähnte Ereignisse
Typ des Ereignisses
Angebot Musikinstrument(e)
Involviertes Objekt
Bundfreies Klavichord
Angebotspreis
Wert von
500
Wert bis
500
Währung
RM
Involvierte Person
Berlin
1934
Literaturreferenz
Bodky 1932